Die Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbauordnung – BauO NRW) regelt in § 62, welche Vorhaben keiner Genehmigung durch die Bauaufsichtsbehörde bedürfen. Sie müssen daher keinen Bauantrag stellen, sondern können das Vorhaben verfahrensfrei realisieren. Ein Baugenehmigungsverfahren muss nicht durchgeführt werden.
Aber VORSICHT!
Mit der Verfahrensfreiheit eines Vorhabens geht oftmals oder beinahe immer auch die Annahme einher, dass das Vorhaben auch, wie geplant, realisiert werden darf. Dies ist jedoch oftmals nicht der Fall. Denn die Verfahrensfreiheit soll lediglich der Entlastung der Bauaufsichtsbehörden dienen. Die Prüfung und Einhaltung sämtlicher weiterer möglicherweise betroffener öffentlich-rechtlicher Vorschriften obliegt Ihnen als Bauherrin bzw. Bauherrn.
Zur Verdeutlichung einige Beispiele:
Beispiel a)
Sie planen den Bau eines Gartenhauses unmittelbar an der Grenze zu Ihren Nachbarn. Das Gartenhaus hat eine Grundfläche von 3x4 m und einen Brutto-Rauminhalt von 36 m³ und soll zum Abstellen von Gartengeräten und Fahrrädern genutzt werden.
Gemäß § 62 Absatz 1 Buchstabe a) BauO NRW kann das Gartenhaus verfahrensfrei errichtet werden. Ein Bauantrag muss nicht gestellt werden.
Zu beachten sind jedoch weiter auch die Abstandsflächenregelungen des § 6 BauO NRW; also die Regelungen über den Abstand von Gebäuden und anderen Anlagen zur Grundstücksgrenze. Dieser Abstand muss gemäß § 6 Absatz 5 Satz 1 BauO NRW mindestens 3 m betragen. Allerdings gibt es auch hiervon Ausnahmen.
Bezogen auf das Gartenhaus ist also, durch Sie zu prüfen, ob eine solche Ausnahme greift.
Gemäß § 6 Absatz 8 Satz 1 Ziffer 1 BauO NRW sind ohne eigene Abstandsfläche Gebäude bis zu 30 m³ Brutto-Rauminhalt ohne Aufenthaltsräume.
Da das Gartenhaus einen Brutto-Rauminhalt von 36 m³ aufweist, darf es damit nicht unmittelbar an der Grenze zum Nachbarn errichtet werden, sondern muss die 3 m Grenzabstand einhalten.
Beispiel b)
Sie planen den Bau eines Gartenhauses unmittelbar an der Grenze zu Ihren Nachbarn. Das Gartenhaus hat eine Grundfläche von 3x3 m und einen Brutto-Rauminhalt von 27 m³ und soll zum Abstellen von Gartengeräten und Fahrrädern genutzt werden.
An der besagten Grundstücksgrenze zum Nachbarn wurde bereits Ihre Garage mit einer Länge von 8 m errichtet.
Anders als in Beispiel a) widerspricht dieses Gartenhaus nicht dem Ausnahmetatbestand des § 6 Absatz 8 Satz 1 Ziffer 1 BauO NRW, da es weniger als 30 m³ Brutto-Rauminhalt aufweist. Das Gartenhaus darf unmittelbar an der Grenze zu Ihrem Nachbarn errichtet werden, weil es ohne eigene Abstandsfläche ist.
Aber:
Durch die Errichtung des Gartenhauses würde die zulässige Bebauung an der Grenze zu Ihren überschritten. Denn diese beträgt gemäß § 6 Absatz 8 Satz 3 BauO NRW je Nachbargrenze 9 m. Aufgrund der bereits vorhandenen Garage betrüge die Grenzbebauung insgesamt 12 m. Das Gartenhaus darf daher nicht, wie geplant, errichtet werden.
Beispiel c)
Ihr Grundstück liegt im Geltungsbereich eines rechtskräftigen Bebauungsplanes.
Sie planen den Bau eines Gartenhauses unmittelbar an der Grenze zu Ihren Nachbarn. Das Gartenhaus hat eine Grundfläche von 3x3 m und einen Brutto-Rauminhalt von 27 m³ und soll zum Abstellen von Gartengeräten und Fahrrädern genutzt werden.
An der besagten Grundstücksgrenze zum Nachbarn wurde bereits Ihre Garage mit einer Länge von 6 m errichtet.
Anders als in den Beispielen a) und b) widerspricht dieses Gartenhaus nicht dem Ausnahmetatbestand des § 6 Absatz 8 Satz 1 Ziffer 1 BauO NRW, da es weniger als 30 m³ Brutto-Rauminhalt aufweist und überschreitet auch nicht die zulässige Grenzbebauung von 9 m.
Das Gartenhaus darf unmittelbar an der Grenze zu Ihrem Nachbarn errichtet werden.
Aber:
Durch den rechtskräftigen Bebauungsplan sind Nebenanlagen außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen ausgeschlossen. Das Gartenhaus soll außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche errichtet werden. Da es damit den Festsetzungen des Bebauungsplanes widerspricht, darf es nicht, wie geplant, errichtet werden.
Aus den vorgenannten Beispielen wird deutlich, dass die Verfahrensfreiheit eines beabsichtigten Vorhabens nicht gleichzeitig auch bedeutet, dass das Vorhaben wie geplant errichtet werden darf, da weitere öffentlich-rechtliche Vorschriften dagegen sprechen könnten. Die Prüfung dieser Vorschriften obliegt alleine Ihnen als Bauherrin bzw. Bauherrn.
Bei Fragen zögern Sie daher nicht und wenden sich an die Mitarbeiterinnen des Technischen Bürgerbüros.