„Nein heißt Nein“ auch in der närrischen Zeit. Wir sagen: „Frog dat Fröle!“
Das studentische Projekt „Frog dat Fröle“ macht auf sexualisierte Übergriffe zur Karnevalszeit aufmerksam. Das Projekt wurde vor drei Jahren ins Leben gerufen und wird durch Studierende des Studiengangs „Gender and Diversity“ an der Hochschule-Rhein-Waal weiter geführt.
Mit Bannern, Flyern, Kamellen, Stickern und der Videobotschaft des Klever Prinzen Tobias der Stimmungsvolle wird diese Botschaft verbreitet. „Nein heißt Nein! Auch in der närrischen Zeit!“, sagen die studentischen Fröles gemeinsam mit dem Prinzen.
An der Brücke vor dem Klever Festzelt wird mit zwei Bannern auf „Frog dat Fröle“ in 17 Sprachen aufmerksam gemacht. Über die sozialen Medien wird der Slogan „Frog dat Fröle“, zu Hochdeutsch „Frag die Frau“ ebenfalls verbreitet.
„Frog dat Fröle“ ruft dazu auf, jeder Frau und jedem Mädel eine unbeschwerte Karnevalzeit, frei von Belästigungen und sexueller Gewalt, zu ermöglichen. Das empfinden für sexuelle Grenzüberschreitungen ist von Person zu Person unterschiedlich und in jedem Falle gültig und berechtigt. Auch wenn eine Einwilligung zur Nähe stattgefunden hat, kann sich die Person jederzeit umentscheiden. Über klare Grenzen zu reden ist daher sehr wichtig!
Durch Respekt entsteht ein jeckes Treiben, in der närrischen Zeit. Jeder hat das Recht, seine Grenzen selber zu setzen. Dabei ist alles legitim. Niemand muss sich für seine Grenzen rechtfertigen! Und auch für andere gilt: „Wenn Sie den Eindruck haben, dass die Grenzen einer Person überschritten werden, ist es wichtig die betroffene Person anzusprechen und ihr Hilfe anzubieten!“, so die Klever Gleichstellungsbeauftragte, Yvonne Tertilte-Rübo, die das Projekt begleitet.
Warum eigentlich Fragen?
Der Hashtag #frogdatfröle ist Klever Platt für „Frag das Fräulein“ – auch das klingt noch etwas albern (wer sagt schon noch „Fräulein“?!) – enthält aber eine wichtige Botschaft: Frage dein Gegenüber, ob eine Berührung, ein Kuss oder ähnliches auch von der anderen beteiligten Person gewünscht ist.
Das klingt bestimmt auf den ersten Blick lästig und „unromantisch“, dabei ist es notwendig, um die Grenzen deines Gegenübers nicht zu verletzen. Wir sind uns in unserer Gesellschaft relativ einig darüber, dass sexualisierte Gewalt und eine Vergewaltigung erst recht nichts gutes sind – im Gegenteil: wir sind uns ziemlich einig darüber, dass beides etwas extrem schlechtes ist. Worüber wir uns in unserer Gesellschaft nicht einig sind ist die Frage danach, wo diese Form der Grenzüberschreitung und Gewalt eigentlich anfängt. 60% aller Frauen aus einer Umfrage des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gaben an, bereits mindestens ein mal eine Form der Belästigung erlebt zu haben (1). Wir finden: das ist ziemlich viel. Es kann gut sein, dass du unwissentlich und ohne es zu wollen bereits die Grenzen einer anderen Person überschritten hast und sie die Situation als gewaltvoll empfunden hat. Damit das nicht mehr passiert, wollen wir erklären, warum Nachfragen so wichtig ist.
Eine Grenzüberschreitung ist eine sehr persönliche Sache. Wir alle haben eine eigene Persönlichkeit und eigene Erfahrungen, jeder Mensch kann aufgrund dessen andere Dinge als gewaltvoll und grenzüberschreitend empfinden. Schon allein deswegen lohnt es sich aufrichtig, ohne Druck und ohne Manipulation zu fragen „Darf ich dich küssen?“ oder „Möchtest du mit mir Tanzen?“. Damit ermöglichst du der Person sich nicht nur dafür, sondern auch dagegen zu entscheiden. Wenn du sie überrumpelst oder davon ausgehst, dass sie eh will, besteht die Möglichkeit, dass sie sich wehrt, aber auch dass sie aus reiner Verlegenheit, Unsicherheit oder sogar Angst mitmacht – damit hättest du eine Grenze überschritten und wir wären genau an dem Punkt angekommen, über den wir uns als Gesellschaft einig sind, dass es etwas schlechtes ist.
Wir möchten noch einmal betonen, dass diese Frage ohne Druck und ohne Manipulation gestellt werden muss. Dazu gehört, dass eine (stark) alkoholisierte, oder unter Drogen stehende Person nicht dazu in der Lage ist, ihr Einverständnis zu geben, ebenfalls nicht, wenn du versuchst aus einer Abhängigkeitsposition einen Vorteil zu schlagen („Komm schon, ich hab immerhin versprochen dich nach Hause zu fahren.“), ihr ein schlechtes Gewissen einredest, oder sie gar erpresst. Die Frage nach dem Einverständnis beinhaltet immer auch die Möglichkeit „Nein“ zu sagen. Dieses „Nein“ muss immer, unter allen Umständen respektiert werden! Ein „Ja“ gilt übrigens auch nicht lebenslänglich, auch nicht für den gesamten Abend. Das heißt, auch wenn ihr den ganzen Abend herumgeknutscht habt, hat die Person nicht „Ja“ zu mehr gesagt. Hier gilt: Frage noch einmal nach, ob die Person einen Schritt weiter gehen möchte.
Zu Beginn haben wir geschrieben, dass Grenzüberschreitungen persönlich sind. Das stimmt natürlich, wir können euch aber versichern, dass es ein paar Dinge gibt, die die meisten Frauen kennen und nicht so toll, oder sogar furchtbar finden: Auf der Straße verfolgt und zugequatscht werden, sexualisierte Beleidigungen hinterhergerufen zu bekommen („Ey Bitch, geiler Arsch!“), ungefragt auf den Po gehauen, oder sonstwie ungefragt angefasst zu werden und dergleichen. Lasst es einfach sein – das sind keine Komplimente, das ist respektloses Verhalten.
Wir wissen, dass es sich komisch anfühlen kann nach der Zustimmung für einen Kuss oder eine Berührung zu fragen – als Gesellschaft haben wir immerhin nicht gelernt, aufrichtig über Sex und Begehren zu sprechen. Als Gesellschaft wollen wir aber auch, dass sexualisierte Gewalt und Grenzüberschreitungen ein Ende finden. Deswegen ist es das Mindeste, dass wir endlich mit dem Fragen beginnen.
Wir sagen #frogdatfröle, damit Karneval für alle Spaß macht.
Mehr zu dem Thema hier: https://frogdatfroele.tumblr.com/
For an English Version visit: https://frogdatfroele.tumblr.com/