Pressemitteilung der Hochschule Rhein-Waal
In den Klever Galleien wurde am 6. Januar 2025 der Spatenstich für die Schaffung einer Agroforst-Demonstrationsfläche gesetzt. Professor Oliver Locker-Grütjen, Präsident der Hochschule-Rhein-Waal, Karl Werring, Präsident der Landwirtschaftskammer NRW, und Wolfgang Gebing, Bürgermeister der Stadt Kleve, gaben den Startschuss für dieses Pilotprojekt zur innovativen Landwirtschaft in der Region Niederrhein. Mit Christoph Gerwers, Landrat des Kreises Kleve, nahm auch ein Mitglied des Transformationsbeirats der Hochschule Rhein-Waal teil. Professor Dr.-Ing. Peter Kisters, Vizepräsident für Forschung, Innovation und Wissenstransfer der HSRW sowie Projektleiter des Projekts TransRegINT, moderierte die Veranstaltung. Agroforstsysteme kombinieren und bewirtschaften Ackerbau oder Dauergrünland, mit oder ohne Tierhaltung, gemeinsam mit Gehölzen auf einer Fläche.
Das Projekt, auch „Alleen 3“ genannt, ist eine Kooperation der Hochschule Rhein-Waal mit der Stadt Kleve und dem Landwirtschaftlichen Versuchszentrum Haus Riswick. Für die HSRW koordiniert das Agroforst Reallabor, eingebettet in das Vorhaben TransRegINT - Transformation der Region Niederrhein: Innovation, Nachhaltigkeit und Teilhabe, das Projekt. Neben Bewirtschaftung, Forschung und Lehre durch Haus Riswick und die HSRW wird die Agroforst-Demonstrationsfläche perspektivisch auch Teil der Landesgartenschau 2029, die in Kleve stattfinden wird. Ab 2025 sind vom Team des Agroforst Reallabors Aktivitäten geplant, die sowohl die Studierenden der HSRW als auch die Bürger*innen der Region einbeziehen werden.
Umwandlung von Ackerland in Agroforst
Auf der 3,3 Hektar großen Fläche, die sich im Eigentum der Stadt Kleve befindet, werden auf insgesamt sechs Agroforst-Baumstreifen in mehreren Pflanzphasen insgesamt 349 Gehölze gepflanzt. Die Gehölzstreifen sind in Breiten von drei bis fünf Metern angelegt, um unterschiedlich stark- bzw. breitwüchsige Gehölze zu pflanzen.
Die Agroforststreifen werden zwischen den Gehölzen gemulcht und frei von Beikräutern, umgangssprachlich auch als Unkraut bekannt, gehalten. Seitlich der Gehölze, jedoch noch innerhalb der Gehölzstreifen, werden standortangepasste Blühmischungen ausgebracht. Diese sollen die Biodiversität in dem System steigern, die Konkurrenz stark vermehrender Arten unterdrücken und einen ästhetischen Mehrwert bringen.
Die Ackerfläche zwischen den Gehölzstreifen wird, wie bisher auch, von Haus Riswick bewirtschaftet.
Gehölze im Agroforst
Der Pflanzplan und die damit verbundene Gehölzauswahl wurde mit Unterstützung des Agroforst-Experten Burkhard Kayser, Berater für nachhaltige Landnutzung und Permakultur, präzise ausgearbeitet. Alleen 3 ist Teil des Galleien Parkteils des von Johann Moritz von Nassau-Siegen geschaffenen Alten Tiergartens. Die in der Kermisdahl-Niederung gelegene Fläche ist im Oktober 2024 als Gartendenkmal in die Denkmalliste der Stadt Kleve eingetragen worden. Besondere Beachtung galt daher der Einhaltung der Sichtachse zwischen Schwanenburg und dem Aussichtspunkt am Papenberg in der Nähe der Grabanlage des Prinzen Johann-Moritz von Nassau-Siegen.
Ein zentrales Anliegen aller Beteiligten ist, die besten Kombinationen von Gehölzen und Streifenbreiten für den Niederrhein zu erproben. Zudem sollen die direkten Kosten von Agroforststreifen ermittelt werden, denn sie haben eine direkte Auswirkung auf die Betriebsführung, stehen bisher jedoch selten im Fokus von Forschungsvorhaben.
Ein wichtiger Aspekt hierbei: die Wirtschaftlichkeit der Pflege. Ein weiteres Kriterium für die Gehölzwahl und den Pflanzplan ist die Gestaltung der Fläche als biodiverses System. Gerade Agroforstsystemen wird eine wichtige Rolle bei der Steigerung der biologischen Vielfalt zugesprochen, da sie unterschiedlichsten Lebewesen einen Lebensraum bieten. Mit den ausgewählten Gehölzen wird versucht, eine Balance zwischen Vielfalt und Wirtschaftlichkeit zu gewährleisten. Auch der Klimawandel und seine Folgen für den Niederrhein haben die Gehölzauswahl beeinflusst, Stichwort Trockenheits- und Hitzetoleranz. Der Pflanzplan versucht zudem zu vermeiden, dass die Gehölze zu stark in Konkurrenz um Platz, Licht und Wasser geraten.
Der Schwerpunkt der Pflanzung liegt auf Industrie- und Werthölzern. Hierbei wird unterschieden zwischen schnellwachsenden Gehölzen und Stammholz. Schnellwachsende Gehölze werden für den sogenannten mittleren Umtrieb, also einen Ernterhythmus alle sechs bis acht Jahre, gepflanzt. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von ‚einmal pflanzen, mehrfach ernten‘. Beispiele hierfür sind Esskastanie, Traubeneiche und Winterlinde. Das geerntete Holz wird als Bauholz verwendet. Im Kontrast hierzu stehen Stamm- und Werthölzer wie beispielsweise Baumhasel, Elsbeere oder Kulturbirne. Sie sind für die Verwendung in der Säge- und Furnierindustrie vorgesehen.
Für eine größtmögliche biologische Vielfalt werden zudem schwachwachsende Straucharten wie etwa Eberesche, Himbeere und Besenginster gepflanzt. Da die Agroforst-Demonstrationsfläche Teil der Landesgartenschau 2029 wird, ergänzen aus ästhetischen Gründen auch Gehölze mit Zierwert wie etwa Rosen und Blasenstrauch die Pflanzung.
Ausblick
Nach Abschluss der Pflanzung wird die Fläche klassisch bewirtschaftet sowie für Forschungszwecke und landwirtschaftliche Praxisdemonstrationen genutzt. Zur Sicherung des Anwuchses in den ersten Jahren werden die Gehölze bewässert. Dies geschieht mittels Tröpfchenbewässerung, um sicherzustellen, dass die Wurzeln in die Tiefe wachsen. Wer nicht bis zur Landesgartenschau im Jahr 2029 warten möchte, um die Agroforst-Demonstrationsfläche kennenzulernen, darf sich ab Sommer 2025 auf sogenannte Feldtage freuen. Das Team des Agroforst Reallabors der HSRW wird geführte Exkursionen anbieten, um Forschung, Pflanzung und auch die Vorteile von Agroforstsystemen genauer zu erläutern.
Hintergrund
Das Agroforst Reallabor ist als Transformationsprojekt Teil vom Projekt ‚TransRegINT - Transformation der Region Niederrhein: Innovation, Nachhaltigkeit und Teilhabe‘. Es soll an die Region Niederrhein angepasste Agroforstsysteme umsetzen und ein regionales Netzwerk der verschiedenen Akteur*innen schaffen. Das Team Agroforst Reallabor begleitet die Umsetzungen wissenschaftlich, um Daten zu den ökologischen, ökonomischen und sozialen Leistungen dieser Systeme zu erheben. Mit dem Projekt ‚TransRegINT hat sich die Hochschule Rhein-Waal zum Ziel gesetzt, den nachhaltigen Wandel in der Region wissenschaftsbasiert mitzugestalten. Gefördert wird das Projekt durch das Programm ‚Innovative Hochschule‘ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Diese Förderinitiative unterstützt Hochschulen dabei, aus Forschungserkenntnissen kreative Lösungen für die drängenden Herausforderungen unserer Zeit zu finden. Bis Ende 2027 wird ‚TransRegINT‘ mit Fördergeldern in Höhe von knapp zehn Millionen Euro gefördert. Dies ermöglicht es, Lösungen zu erarbeiten, um die Zukunft in der Region im Sinne der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zu gestalten.