Geschichten und Kurioses aus der Klever Stadtgeschichte
Entdecken Sie in dieser digitalen Ausstellung einige Merkwürdigkeiten unserer Stadt von der Stadtgründung über Spukgeschichten bis zum Karnevalsmuseum während der NS-Zeit. Außerdem stellen wir eine Auswahl von originellen Gegenständen aus unserer Sammlung vor.
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Hören Sie zu diesem Thema auch gerne unseren vierteiligen Podcast!
1. Julius Cäsar gründet Kleve
Wann und wie die Stadt Kleve gegründet wurde, darüber gibt es verschiedene Sichtweisen. In der Stadtchronik, deren erster Teil vermutlich von Ludwig Heinrich Ondereyck (1833-1848 Bürgermeister) zusammengestellt wurde, gilt Julius Cäsar als Begründer der Stadt! Dies ist jedoch sehr unwahrscheinlich, zumal die Orte in der Flussniederung wie Donsbrüggen, Rindern, Kellen, Brienen, Bimmen und Warbeyen bereits vor dem Jahr 1000 erwähnt werden, das höher gelegene Kleve jedoch nicht. Erst ab dem 10./11. Jahrhundert wurden Höhenburgen gebaut. Die ältesten archäologischen Spuren Kleves datieren um das Jahr 1100. Erstmals wird Kleve in einer Urkunde aus dem Jahr 1092 erwähnt. Die Stadtrechte werden im Jahr 1242 von Graf Dietrich IV. verliehen.
Abschrift:
Die Stadt Cleve ist, wie die meisten Städte am Rhein, eine Pflanzstadt der Römer und von ihnen erbaut. Zufolge einer leider! nicht mehr vorhandenen steinernen Votiv-Tafel gründete Julius Caesar im Jahre 698 nach Rom's Erbauung (56 vor Christi Geburt) auf dem Schloßberge daselbst eine Burg (castrum) und erbaute dem Hercules einen Tempel, daher noch jetzt der Name Herkules-Berg (Hertenberg) für Schloßberg im Munde des Volkes lebt. Jene steinerne Tafel ist in späteren Zeiten durch eine eiserne ersetzt worden, welche sich noch auf dem Schloßgebäude vorfindet und folgende Inschrift enthält:
„Anno ab urbe DCXCVIII. C. Julius Dictator
„hiscepartibus subactis Arcem Clivensem fundavit.”
(Zu deutsch: Im Jahre 698 nach Erbauung der Stadt – Rom - gründete der Dictator C. Julius, nachdem er diese Länder unterjocht hatte, die clevische Burg)
Sowol des Landes Einwohner, die Manapier, - ein Volk belgischen Ursprungs, - als römische Freigelassene siedelten sich bald auf der, jener Burg zunächst gelegenen, Höhe, dem Heidenberge an, und es wurde dieser Ort seiner Lage wegen Clivus (Hügel) – Cleve - genannt. [...]
2. Zirkus Holzmüller mit Löwengebrüll in Kleve
Der Weltzirkus von Josef Holzmüller war wohl einer der größten. Er gastierte ab dem 12. April 1929 in Kleve und kündigte sich mit noch nie gesehenen Kunststücken, origineller Akrobatik, Feuerschlucker und Elefantendressur an. In der Voranzeige werden über 100 Tiere, darunter afrikanische Berberlöwen, angekündigt. Aber hielt der Zirkus wirklich, was er versprach? Manes de Roos berichtete in seiner Wochenschau im Clever Kreisblatt vom 20.4.1929 über eine Vorstellung.
Fotos: Voranzeige (StA Kle, Clever Kreisblatt, 9.4.1929) und aus der Wochenschau von Manes de Roos (StA Kle, Clever Kreisblatt, 20.4.1929)
3. Wer den Lindenbaum nicht kennt, ist keine echte Kleverin und kein echter Klever
Johann Kayser, evangelischer Pfarrer in Kleve, beschreibt im dritten Teil seines mehrteiligen Buches „Parnassus Clivensis…“ aus dem Jahr 1704 einige Schönheiten der Stadt. Darunter auch den berühmten großen Lindenbaum an der Hagschen Poort.
Fotos: Die Clevische Linde. Zeichnung eines unbekannten Malers, um 1650. Aus: Conspectus Cliviae, 186 und Johann Kayser, Parnassus Clivensis, 3. Teil, 1704, S. 159-161
Abschrift:
Die viele schauwürdigen Raritäten umb die Stadt Cleve werden von frembden sonderlich denen curieusen Holländern viel genauer betrachtet, als von denen Einheimischen.
Wir schlagen in den Wind und nehmen nicht in Acht
Die Sachen, die uns stets für unsern Augen stehen:
Ein Frembder wird vielmehr in einer Stunde sehen,
Als die hier wohnhafft sind, in langer Zeit bedacht.
(Nur ein eintziges Exempel anzuführen: Was ist curieuser und lieblicher zu sehen, als der so künstlich geflochtene schöne und große Linden-Baum vor der Hagischen Pforte, gestaltsam fast keine Stadt im gantzen Land ist, da nicht desselben portrait irgendswo vor einem Hause außhange, ja gar in der Stadt Rom soll die Clevische Linde abgebildet zu sehen seyn. Wie viel tausend Menschen haben nun diesen Baum von Jugend auff fast täglich vor Augen gehabt, die doch niemahls so curieus gewesen, als jener Amsterdammer, welcher, da Er nur einmahl als ein passagier diese unsere Linde gesehen, sie so genau observiret, dass Er einen eigentlichen Abriß derselben in seinem Gedächtniß mit sich nach Hause genommen. Als nun einsmahls ein Clevischer Bürger nach Holland gereiset, und obgemeldter Amsterdammer ihn ohngefehr in der Herberge angetroffen, hat Er von ihm verlanget zu wissen, was Er vor ein Lands-Mann wehre? Da Er nun geantwortet, Er sey ein Bürger auß Cleve, hat der Holländer gesaget, das glaube Er nicht, anbey ihn gefraget: Ob Er dann die schöne grosse Linde daselbst wohl gesehen habe? Wie solte ich die nicht gesehen haben, ließ sich der Befragte vernehmen, die mir ja alle Tage vor den Augen stehet. Wie viele toorentjes [Türme] oder pyramiden hat dann dieselbe? fragte der Amsterdammer, da verstummete der ehrliche Clevenaer und konte ihm darauff nicht antworten. Höret ihr wohl, sagte der Holländer zu den anwesenden Leuten, daß dieser Mann in Cleve nicht zu Hause seyn müsse, weil Er nicht mahl weiß, wie die so nahe vor dem Thor stehende schöne Linde außsehe. Ich bin nur einmahl da gewesen, und weiß sie zu beschreiben: Sie hat 17 toorentjes oder pyramiden von ihrem eignen Holtz geflochten, achte in der untern, achte in der obern étage, und eine, darauff eine Fahne stehet, gantz oben in der Mitten. Das mag nun wohl recht heißen:
Quod rarum, carum, vilescit quotidianum. Wird doch die Sonne, das grosse Wunderwerck des Allerhöchsten, eben deswegen so wenig geachtet und betrachtet, weil man sie immer vor Augen hat.)
4. Spuk im Schloss - eine weiße Frau geht um
Die Sage der weißen Frau ist weit verbreitet. Sie soll nicht nur in Kleve gespukt haben, sondern auch in anderen Gebieten Deutschlands, vorzugsweise auf Schlössern von Adelsfamilien. In unserem Stadtarchiv zeugt eine Akte von mehreren Erscheinungen in den Jahren 1815 und 1816 dieser meistens in weiß gekleideten Frau, deren Erscheinen mit Schrecken verbunden war, zumal sie häufig im Zusammenhang mit Todesfällen von Familienmitgliedern auftauchte.
In einem Polizeibericht schildert Wenceslaus Frenzel, geboren in Prag, von seinem Erlebnis in der Nacht zum 17. Februar 1815 in der Arrestzelle auf dem Schloss. Er war mit August Dankel aus Bremen eingesperrt worden, die Gründe werden nicht genannt. Dankel war betrunken und schlief, Frenzel jedoch war nüchtern. Sie werden als gebildete und nicht abergläubische Menschen bezeichnet. Frenzel erzählt am nächsten Morgen dem Schließer die Erlebnisse der Nacht und erklärte gegen die Vermutung, er habe nur geträumt, dass er „ganz wachend gewesen wäre, und die gehabte Erscheinung abgefragt haben werde, wenn sein Mitgeselle nicht geschlafen hätte.“
Abschrift:
„Es war ungefehr halb ein Uhr Morgens als ich durch ein hartes und wiederholtes Klopfen an der Thüre aus einem leichten Schlummer worin ich seit einer Viertel Stunde gerathen war, erwachte, (das stete Nachdenken über mein Schicksal hatte mich bis dahin verhindert, einzuschlafen) da Ihr uns versprochen hattet, uns um acht Uhr Morgens aufzuwecken, so konnte ich anders nicht denken, als daß Ihr vor der Zimmer-Thüre ständet um uns dieselbe zu öffnen. Zudessen war es so dunkel, daß diese frühe Erscheinung mich um so mehr befremdete, als es, meiner Meinung nach, noch nicht so spat seyn konnte. Ich erhob mich mit dem halben Körper in dem Bett und warf meine Blicke überall herum, als in einer Ecke des Zimmers zur rechten Seite der Thüre ein Geräusch entstand, das ich anders nicht vergleichen kann, als wenn Spiritus in’s Feuer gegossen wird. Hinter dieser Flamme erblickte ich eine kleine Gestalt, die sich immer vergrößerte, bis sie sich zu einer ordentlichen Frauenzimmers Gestalt gebildet hatte. Diese schritt langsam hinter einer dastehenden Bettlade auf unser Bett zu, und stellte sich endlich vor dasselbe mit gefaltetenen Händen und niedergeschlagenen Augen. Ich zitterte und bebte am ganzen Leibe und betrachtete bald die Gestalt, bald stieß ich meinen Mitgesellen an, der aber so fest eingeschlafenwar, daß er nicht erwachte.Obschon diese Erscheinung den herzhaftesten Mann schrecken musste, so beobachtete ich dieselbe doch so genau, daß ich eine Dame in solchem ganz weißen altfränkischen, in Falten gelegten Kleide mit einem großen Gebund Schlüssel auf der rechten Seite und einem Gürtel um den Leibe, dessen Farbe ich aber eben so wenig als ihren Kopfputz bestimmen kann, beym Schimmer der sie stets umgebenden Flamme leicht unterscheiden konnte. Nachdem nun diese Dame ungefehr eine halbe viertel stunde vor unserm Bette gestanden hatte, schoss sie sich endlich über uns her, was in mir ein solches Grausen erweckte, daß ich unter die Decke kroch und meinen Mitgesellen ohne Aufhören in den Rücken stieß, um ihn wachend zu machen, was mir aber nicht gelang. Ein paar Minuten konnten verflossen seyn, als ich mich erkühnte, die Decke ein wenig zu verschieben, um zu sehn, ob die Erscheinung noch da wäre. Ich bemerkte bey der noch immer existirenden Helle, daß dieselbe Dame wieder nach ihrer vorigen Stelle ging in der Nähe derselben aber sich umdrehte und mit dem Zeige-Finger der rechten Hand winkte. Ich kroch jetzt wieder unter die Decke, weil ich befürchtete, daß sie zurückkehren mögte. Da ich aber, nach Verlauf einiger Minuten kein weiteres Geräusch vernam, so wagte ich es nochmals unter der Decke hervorzublicken, wo ich zu meinem Erstaunen die gehabte Erscheinung nicht mehr sahe. Es schlug im nämlichen Augenblick Ein Uhr. Furcht und Angst ließen nicht zu, daß ich wieder einschlief.“
100 Jahre später spukt es noch immer
Möglicherweise war die Sage der weißen Frau noch in den Köpfen der Bevölkerung verankert, als sich folgender Vorfall 1925 in Materborn ereignete.
Abschrift:
dv Materborn, 16. Nov. (Einges.) Spukgeschichten. Es ist nunmehr festgestellt, daß es hier in unserem Materborn richtige Geister gibt, die nachts ihr Unwesen treiben. An der Schrottskull zeigten sich an verschiedenen Abenden gegen 11 Uhr drei Geister, die durch die Geistersprache wie Greifen, Aechzen und Kreischen die nächtlichen Wanderer in nicht geringe Angst und Furcht versetzten. Mancher Arbeiter, der von der Schicht heimkehrte, wanderte auf Umwegen seinem Hause zu. Aber zwei bekannte, holde und fidele Jünger des Salje Pöttje, Jänneken und Hein, die von einem Liebesgang heimkehrten, faßten sich ein Herz und gingen, als sie ihren Kriegsplan eingehend besprochen hatten, eines Abends zum Angriff vor, - - - und siehe da, die Geister wurden nach einigen kräftigen Handgriffen entlarvt! Doch wehe, welche eine B - -- ! Da entpuppten sich die geheimnisvollen Geister als drei wohlbekannte Weiblein, älteren Datums, die sich mit einem weißen Betttuch zu einem Geist umgewandelt hatten, - - um ihre von der Arbeit heimkehrenden Männer in Angst und Schrecken zu jagen. Aus welchem Grunde? Darüber schweigt des Sängers Höflichkeit! - - Die Geschichte ist aber wahrlich so geschehen im Jahres des Heils 1925 in Materborn bei Cleve an der Schrottskull.
5. Eine Fangmaschine für den Wolf
Das Thema „Wolf“ ist derzeit wieder aktuell. Bereits 1815 bat der Bürgermeister von Niel den Kreisdirektor um die Anlage von Wolfsgruben und die Aufstellung von „Fangmaschinen“.
aus: StA Kle, B 696
Abschrift:
Herrn Kreiß Direcktor Sinsteden
Wohlgeborenen
Diese Nacht horte man bei Johann Moeurs zu Mehr das Viehe in der Weide schrayen und unruhigzusammenlaufen gehort, man vermuthete einen Wolf, griff zu Flinten und anderen Instrumenten und ging heraus, allein man gewahrte nichts, diesen Morgen bei anbrechendem Tage aber fand man ein großes Kalb, welches noch lebte, dem aber die linke Seite halb weggefreßen war, wahrscheinlich ist der Wolf durch das Lärmen der herbeieilenden Leuten verjagt worden. Indem ich Euer Wohlgebohrenen hiervon die Anzeige mache, muß ich Sie bitten der Forstverwaltung aufzugeben die durch die Verordnung S. [?] des Herrn Oberpräsidenten vom 26t September (Ambtblatt No. 463) vorgeschriebenen Fangmaschinen oder Wolfs Gruben anzulegen, welches um so nöthiger ist, da das in den Weiden noch bleibende Viehe den Wolf noch öfterer anlocken wird, und vielleicht ist es derselbe, der im vorigen und vor zwey Jahren schon einigemalen seine Nahrung in den Weiden gesucht hat.
Ich werde die Forstverwaltung nach Kräften unterstützen damit die Fangmaschinen dem weidenden Viehe, und vorbeigehenden Menschen nicht gefährlich werden. Alle Schützen und Jagdliebhaber beginnen schon heute den Wolfe auf zusuchen.
Genehmigen Euer Wohlgebohrenen die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung.
Mehr den 26t Oktober 1815
Der Bürgermeister von Niel
Musen
6. Die Urteile der belgischen Besatzung
Nach der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg besetzten die Alliierten die linke Rheinseite, in Kleve rückten am 15. Dezember 1918 belgische Truppen ein. Die Bevölkerung litt nicht nur unter den ohnehin schwierigen Lebensumständen, sondern war zusätzlich den Beschränkungen durch die Besatzungsmacht ausgesetzt. Oft wurden in Militärgerichtsverfahren harte Urteile wegen geringfügiger Vergehen gefällt. Die Zeitung berichtete regelmäßig.
Abschrift:
Aus der belgischen Gerichtssitzung (Tribunal), die vorgestern nachmittag im Kreissaale des hiesigen Landratsamtes unter dem Vorsitz des Etat-Majors Monsegnie stattfand, werden dem amtlichen Kreisblatt folgende Strafsachen mitgeteilt, die geignet sind, der Bürgerschaft als warnende Beispiele zu dienen: Frau Sanitätsrat Dr. Bergmann war nach der Anklageschrift während der Militärmesse in das für die belgischen Offiziere reservierte Mittelschirff der Pfarrkirche eingedrungen. Sie soll dies darauf auf Anweisung wohl verlassen, aber trotzdem wieder betreten haben, wodurch etwa fünfzehn Personen sich veranlaßt fühlten, ihrem Beispiel zu folgen. Die Angeklagte erhielt fünf Tage Gefängnis und 2000 Franken Geldstrafe. –
Ein gewisser Hautermann wurde, weil er nach den Ausführungen des Anklagevertreters gegenüber den belgischen Soldaten ungehörige Ausdrücke gebraucht hatte, zu sechs Monaten Gefängnis und 5000 Franken Geldstrafe verurteilt. –
Feindlicher Propaganda hatte sich der Friseur Karl Sieper nach Annahme des Gerichts insofern schuldig gemacht, als er in seinem Geschäft einen belgischen Soldaten nach bestimmten Zuständen in seiner Heimat fragte. Der Angeklagte muß diese Aeußerung mit vier Monaten Gefängnis und 1000 Franken Geldstrafe büßen. -
Vier Briefe des Kaufmanns M. Rosenberg, die nach dem rechtsrheinischen Gebiet geschmuggelt werden sollten, fielen in die Hände der belgischen Posten. R. erhielt dafür einen Tag Gefängnis und 3000 Franken Geldstrafe. –
Frau Dr. Rasmus hatte ihrem Ehemann ein Weihnachtspaket und drei Briefe nach Düsseldorf schicken wollen und die Sachen einem Mann mitgegeben, der sich erboten hatte, sie über Emmerich mitzunehmen. Da dies verboten ist, wurde der Absenderin eine Geldstrafe von 3000 Franken auferlegt.-
Mit einer Handfeuerwaffe hatte der Gerichtssekretär a.D. Frohning seine Ehefrau bedroht, so daß diese sich in den Schutz der belgischen Behörde begab. F. erhielt acht Tage Gefängnis und 400 Franken Geldstrafe. –
Rechtsrheinische Zeitungen waren trotz Verbots durch die Post an hiesige Bezieher ausgetragen worden. Postdirektor Wessel wurde deshalb als verantwortlicher Leiter des Postamts mit acht Tagen Gefängnis und 5000 Franken Geldstrafe belegt. –
7. Karnevalsmuseum für 17 Tage - zwischen Humor und ernster Realität
1938 richteten bekannte Männer der Stadt, u.a. Landgerichtsrat Karl Dinnendahl, der Künstler Jupp Brüx, der ehrenamtliche Archivleiter Gerhard Hunscheidt und der spätere Archivleiter Friedrich Gorissen sowie Vertreter der Karnevalsvereine, ein Karnevalsmusum im Gebäude des früheren Finanzamtes an der Alten Brücke ein. Über 300 Objekten zeigten in karnevalistischer und spöttischer Betrachtungsweise die Geschichte des Klever Karnevals sowie die Stadtgeschiche und weitere Themen. Mitten in der Zeit des nationalsozialistischen Regimes zeigte sich, wie eng das vermeintlich Komische mit dem Ernst, der Realität der NS-Herrschaft, verbunden war. Denn als Besonderheit wurde das „Kabinett für entartete Kunst“ angepriesen, für das sogar ein Sondereintrittsgeld erhoben wurde. Mit der „entarteten Kunst“ waren die Kunstwerke gemeint, die dem Kunstverständnis der Nationalsozialisten nicht entsprachen. Ihre Künstlerinnen und Künstler wurden systematisch ausgegrenzt und verfolgt. Auch über jüdische Mitbürger wurde sich im Klever Karnevalsmuseum lustig gemacht. Z.B. wurde eine Blume mit dem Titel gezeigt: „Die Blume, durch die Herr Leffmann angesprochen wurde.“ Leffmann, der zu diesem Zeitpunkt als einziger jüdische Kaufmann noch sein Geschäft betrieb, hatte zwei Monate in Schutzhaft verbringen müssen, weil er sich gegen eine ungerechte Behandlung gewehrt hatte. In der Pogromnacht vom 9. auf den 10.11.1938 wurde sein Geschäft zerstört. Das Gebäude, in dem das Karnevalsmuseum 17 Tage untergebracht war, wurde 1941 zu einem sogenannten Judenhaus, in das die noch in Kleve lebenden Juden zwangsweise untergebracht und von dort deportiert wurden.
Literaturhinweis: Helga Ullrich-Scheyda, Das Klever Karnevalsmuseum. Eine groteske Einrichtung im Jahre 1938, in: Rund um den Schwanenturm, 40. Jg., 2021, Heft 44, S. 24-37.
Fotos: Einblicke in das Innere des Karnevalmuseums, aus: StA Kle, NLKD 42
8. "Dem Rechnungsprüfungsamt in stiller Verehrung"
Anfang der 1960er Jahre verfasste vermutlich der städtische Beamte der Finanzverwaltung Erwin Grumke, eine Abhandlung über „Die Registrier-Buchungs- und Saldiermaschine als Mittelpunkt der Kassenverwaltung. Die Kassenverwaltung ohne festgebundene Bücher“ und zeigt darin die Vorteile der fortschrittlichen Maschine auf. Bemerkenswert ist seine Widmung: „Dem Rechnungsprüfungsamt in stiller Verehrung gewidmet“.
aus: StA Kle, unverzeichnete Akte, Bl. 1 und 2
9. April, April!
Mittlerweile ist es Tradition geworden, dass die Zeitungen ihre Leser „in den April schicken“ und kuriose Geschichten zum 1. April erfinden. So auch die Rheinische Post am 1.4.1980 unter der Überschrift „Kleve will Emmerich das Wasser abgraben“.
10. Vom Kaufladen zum Autokennzeichen - ungewöhnliches Sammlungsgut im Stadtarchiv
Verpackungen der Firma XOX für einen Kaufladen
1908 wurde die Biskuitfabrik „Hollandia“ gegründet, die 1910 ihren Standort von Niedersachsen nach Kleve verlagerte. Erst 1930 erhielt sie offiziell den Namen „XOX-Biskuitfabrik GmbH“. Hier wurden die bekannten Biskuits und andere Gebäcksorten hergestellt, bis 1977 der Betrieb in Kleve eingestellt wird. Die Verpackungen im Kleinformat durften im Kaufladen für Kinder natürlich nicht fehlen!
Essbesteck des Hotels Bollinger
1852 übernahm Franz Bollinger von seinem Schwiegervater Heinrich Ebben eine Schankwirtschaft, die danach zu einem Hotel umgebaut und von den vier Bollinger-Schwestern geführt wurde. Bekannt war das auf einem Hügel gelegene namhafte Hotel an der Kavariner Straße für seine Terrasse mit Ausblick in die Niederung und den großen Feierlichkeiten im Festsaal. Nach Verkauf an weitere Eigentümer bestand das Hotel bis 1971. 1983 folgte schließlich der Abbruch des Gebäudes.
Aschenbecher mit der Aufschrift "W. Mertens, Kleve"
Wilhelm Franz Mertens gründete 1833 die Firma Wilhelm Mertens, die sein Sohn Wilhelm (geboren 1846 in Kleve) 1846 übernahm. Zum Unternehmen gehörte die Tabakherstellung, die 1911 gegründete Zigarettenfabrik, ein Kolonialwarengroßhandel und ein Verkaufsladen auf der Hagschen Straße. Die Firma existierte noch bis 1954.
Wilhelm Mertens war ab 1886 für die Zentrumspartei Mitglied der Stadtverordnetenversammlung. Für seine Verdienste als Stadtverordneter erhielt er 1917 das Ehrenbürgerrecht der Stadt Kleve. 1922 starb er hier.
Nummernschild vom Dienstwagen des Bürgermeisters
Der Dienstwagen des ehemaligen Bürgermeisters Theodorf Brauer (2004-2015) trug das Kennzeichen „KLE-230“. Daran war erkennbar, dass der Bürgermeister unterwegs war, diese Praxis wurde jedoch 2007 abgeschafft. Das letzte Schild wird im Stadtarchiv verwahrt.